Was ist erikson stufenmodell?
Erikson's Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung
Erik Eriksons Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung ist eine umfassende psychoanalytische Theorie, die die Entwicklung der menschlichen Identität und Persönlichkeit über die gesamte Lebensspanne beschreibt. Im Gegensatz zu Sigmund Freuds Fokus auf psychosexuelle Stadien betont Erikson die Bedeutung sozialer Interaktionen und Konflikte für die Entwicklung.
Das Modell besteht aus acht aufeinanderfolgenden Stufen, die jeweils durch einen spezifischen psychosozialen Konflikt oder Krise gekennzeichnet sind. Die erfolgreiche Bewältigung jeder Krise führt zur Entwicklung einer spezifischen Tugend oder psychologischen Stärke. Misslingt die Bewältigung, kann dies zu negativen Konsequenzen für die Persönlichkeit und die weitere Entwicklung führen.
Hier eine Übersicht der einzelnen Stufen:
- Vertrauen vs. Misstrauen (Geburt bis 1 Jahr): In dieser ersten Phase hängt die Entwicklung des Kindes stark von der Qualität der Betreuung ab. Wird das Kind verlässlich versorgt und bekommt Geborgenheit, entwickelt es Vertrauen in seine Umgebung und seine Bezugspersonen. Mangelnde oder unzuverlässige Betreuung kann zu Misstrauen, Angst und Unsicherheit führen. [Vertrauen%20vs.%20Misstrauen]
- Autonomie vs. Scham und Zweifel (2 bis 3 Jahre): In dieser Phase beginnen Kinder, ihre Unabhängigkeit zu entdecken und auszuüben. Sie wollen Dinge selbst tun. Wenn sie ermutigt und unterstützt werden, entwickeln sie ein Gefühl für Autonomie und Selbstständigkeit. Werden sie jedoch übermäßig kontrolliert oder kritisiert, können sie Scham und Zweifel an ihren Fähigkeiten entwickeln. [Autonomie%20vs.%20Scham%20und%20Zweifel]
- Initiative vs. Schuldgefühl (3 bis 5 Jahre): Kinder beginnen, ihre Umwelt zu erkunden und zu gestalten. Sie entwickeln Initiative und lernen, Ziele zu setzen und zu verfolgen. Werden ihre Initiativen gefördert, entwickeln sie ein Gefühl für Zielstrebigkeit. Werden sie jedoch für ihre Versuche, aktiv zu werden, bestraft oder kritisiert, können sie Schuldgefühle entwickeln. [Initiative%20vs.%20Schuldgefühl]
- Werksinn vs. Minderwertigkeitsgefühl (6 bis 12 Jahre): In der Schulzeit lernen Kinder neue Fähigkeiten und Fertigkeiten. Sie entwickeln ein Gefühl für Kompetenz und Leistung, wenn sie erfolgreich sind. Erleben sie jedoch Misserfolge oder fühlen sie sich minderwertig im Vergleich zu anderen, können sie Minderwertigkeitsgefühle entwickeln. [Werksinn%20vs.%20Minderwertigkeitsgefühl]
- Identität vs. Rollenkonfusion (13 bis 19 Jahre): Die Adoleszenz ist eine Zeit der Identitätsfindung. Jugendliche experimentieren mit verschiedenen Rollen und Werten, um herauszufinden, wer sie sind und was sie wollen. Gelingt es ihnen, eine kohärente Identität zu entwickeln, fühlen sie sich selbstsicher und zielorientiert. Bleiben sie jedoch in der Rollenkonfusion gefangen, können sie sich unsicher, ziellos und verloren fühlen. [Identität%20vs.%20Rollenkonfusion]
- Intimität vs. Isolation (20 bis 39 Jahre): Im frühen Erwachsenenalter suchen Menschen nach intimen Beziehungen zu anderen. Sie wollen Freundschaften und Partnerschaften eingehen und Liebe erfahren. Gelingt es ihnen, enge und erfüllende Beziehungen aufzubauen, entwickeln sie ein Gefühl für Intimität und Verbundenheit. Bleiben sie jedoch isoliert und einsam, können sie Gefühle der Isolation und Einsamkeit erleben. [Intimität%20vs.%20Isolation]
- Generativität vs. Stagnation (40 bis 65 Jahre): Im mittleren Erwachsenenalter liegt der Fokus auf der Generativität, also dem Wunsch, etwas Sinnvolles zu schaffen und an die nächste Generation weiterzugeben. Dies kann durch Kindererziehung, berufliche Leistungen oder soziales Engagement geschehen. Gelingt es den Menschen, ihre Generativität auszuleben, fühlen sie sich erfüllt und zufrieden. Erleben sie jedoch Stagnation und das Gefühl, nichts Sinnvolles zu leisten, können sie sich leer und unzufrieden fühlen. [Generativität%20vs.%20Stagnation]
- Integrität vs. Verzweiflung (65 Jahre bis Tod): Im späten Erwachsenenalter blicken Menschen auf ihr Leben zurück. Haben sie das Gefühl, ein erfülltes und sinnvolles Leben geführt zu haben, entwickeln sie ein Gefühl für Integrität und Akzeptanz. Bereuen sie jedoch ihre Entscheidungen oder fühlen sie, ihr Leben verschwendet zu haben, können sie Verzweiflung und Angst vor dem Tod erleben. [Integrität%20vs.%20Verzweiflung]
Eriksons Stufenmodell ist ein wertvolles Werkzeug, um die menschliche Entwicklung zu verstehen. Es bietet eine umfassende Perspektive auf die psychosozialen Herausforderungen, denen sich Menschen im Laufe ihres Lebens stellen müssen. Obwohl es einige Kritikpunkte gibt, z.B. an der Universalität der Stufen und der mangelnden Berücksichtigung kultureller Unterschiede, bleibt es ein einflussreiches Modell in der Entwicklungspsychologie.